Fieberzäpfchen aus eigener Produktion: Dr. Robert Winkler im Gespräch

Fieberzäpfchen aus eigener Produktion: Dr. Robert Winkler im Gespräch

Das Kind glüht, doch die Apothekenregale mit herkömmlichen Fiebersäften und Zäpfchen sind leer. Medikamente sind seit Wochen Mangelware. In unseren Apotheken sind sie dennoch bestens versorgt. Denn wir produzieren unsere eigenen Arzneimittel.

Die Lage ist seit Wochen prekär, die Infektionskrankheiten steigen und dabei werden immer weniger Medikamente geliefert. Um die Versorgungssicherheit der Kund:innen zu gewährleisten, produzieren Dr. Robert Winkler und sein Team von qualifizierten Mitarbeiter: innen eigene Arzneimittel. Eine Situation, die in der heutigen Zeit nur schwer nachvollziehbar ist. 

Im Interview erklärt Dr. Robert Winkler welche Medikamente zu welchem Aufwand in der Apotheke hergestellt werden, wo die Lieferkette hakt, was China damit zu tun hat und ob sich der extra Aufwand lohnt. 

Die Herstellung von Medikamenten ist die ursprünglichste Aufgabe des Pharmazeuten. Doch wie oft wird dieses Fachwissen außerhalb von Versorgungsengpässen noch angewandt?

Dr. Robert Winkler: Die Rezeptur ist täglich im Einsatz. Vor allem bei Salben und Cremes, da hier oft die Stabilität oder Haltbarkeit der Formulierungen keine industrielle Herstellung erlaubt. Auch müssen häufig besondere Dosierungen für Kinder hergestellt werden, da hier der Markt zu klein ist, und die industrielle Herstellung nicht wirtschaftlich ist.

Welche Medikamente sind aktuell knapp?

Dr. Winkler: Erkältungsmedikamente haben natürlich aktuell eine verstärkte Nachfrage. Knapp sind Antibiotika, Schmerzmittel, Blutdrucksenker, Cholesterinsenker, Nasensprays sowie neurologisch wirksame Arzneimittel.

Spüren Sie den Mangel auch in Ihren Apotheken?

Dr. Winkler: Unsere Warenwirtschaft wartet derzeit auf rund 400 Artikel.

Wie kann es zu diesen Lieferengpässen kommen?

Dr. Winkler: Die globalen Lieferketten, von der Rohstoffproduktion bis hin zum Packmittel sind aktuell gestört. Diverse Problematiken gehen hier oft von China aus, ist aber nicht zwingend der Fall. Im Klartext heißt das: Es kann sein, dass ein Nasensprayspender nicht verfügbar ist, aber auch, dass die Wirkstoffproduktion nicht nachkommt. In jedem Fall stehen die Endprodukte nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung.

Ist es nicht auch so, dass der deutsche Arzneimittelmarkt wenig attraktiv für den internationalen Markt ist?

Dr. Winkler: Das ist richtig. Wir haben im reichen Deutschland zwar die höchsten Listenpreise für Arzneimittel, allerdings haben die Kostenträger:innen hohe Rabattvereinbarungen mit den Hersteller:innen ausgehandelt haben. Das führt im Endeffekt dazu, dass der deutsche Arzneimittelmarkt wohl für die pharmazeutischen Hersteller:innen der unattraktivste Markt in Europa ist.

"Aktuell stellen wir Fiebersäfte und Fieberzäpfchen her.
Je nach Kundenbedarf machen wir auch alles andere möglich."

Dr. Robert Winkler

Das wirkt sich auf die Versorgungssicherheit in Deutschland aus…

Dr. Winkler: Ja. Wenn es zu Lieferengpässen kommt, wird dieser Markt eben auch mit niedrigerer Priorität versorgt. Das erklärt auch, warum man zwar in Deutschland, aber innerhalb der restlichen EU oft keine oder nur weniger Versorgungsproblematiken erfährt.

Dann sind die Apotheken gefragt! Welche Medikamente stellen Sie in Ihren Apotheken selbst her?

Dr. Winkler: Aktuell stellen wir Fiebersäfte und Fieberzäpfchen her. Je nach Kundenbedarf machen wir auch alles andere möglich.

Wie hoch ist der Aufwand für Sie und Ihr Team?

Dr. Winkler: Zäpfchen gießen ist sehr aufwendig und um den Bedarf zu decken ist permanent eine Mitarbeiterin in der Rezeptur beschäftigt. Was bei dem allgemeinen Engpass und Mangel an qualifizierten Mitarbeiter:innen eine zusätzliche Belastung für den Rest des Teams ist.

Lohnt sich denn die Produktion?

Dr. Winkler: Ich hoffe doch sehr, dass sie sich für unsere Kund:innen lohnt. Für uns nicht. Im Vergleich: Der Listenpreis für Paracetamol 75 mg Zäpfchen liegt bei 2,99 Euro für 10 Zäpfchen. Wir ermöglichen hier einen Preis von 11,97 Euro, obwohl uns laut gesetzlicher Rahmenvereinbarungen ein Preis von 21,91 Euro zustehen würde.

Wie lange wird dieser aktuelle Versorgungsengpass noch andauern?

Dr. Winkler: China hat erst den Auslieferstopp mehrerer Medikamente veranlasst. Diese Auswirkungen werden wir erst noch spüren.

Das heißt, Sie werden trotz hohem (Kosten-)Aufwand weiter für Ihre Kund:innen produzieren?

Dr. Winkler: Natürlich! Solange noch Ausgangsmaterial beschafft werden kann ist das für uns überhaupt keine Frage – die Bedürfnisse unserer Kund:innen steht immer an erster Stelle.

 

Und wie so eine Produktion abläuft, sehen Sie hier im Video:

 

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